Was meint ihr warum die Leute so gleichgültig mit Datenschutz sind?
Komfort ist bequem, Datenschutz ist mühsam.
Gab es nicht auch hier im Forum schon mal ein Bild, mit einem Haus dessen Mauern abgetragen werden und der Zaun ums Haus gebaut wird…? Irgendwie erinnere ich mich dunkel an dieses Bild, weiß aber nicht mehr wo ich es gesehen habe.
Und zudem habe ich den Eindruck, dass für viele, das, was sie im Internet tun oder auch nicht tun, noch immer „bloß“ virtuell ist.
„Datenschutz = Menschen(rechts)schutz“ scheint noch nicht in der Gesellschaft angekommen zu sein.
weil sie’s können
Genau das. Und dann noch die ganzen juristischen Finten und technischen Tricks - das ist so komplex, dass es kein durchschnittlicher Mensch mehr versteht.
Weil die Welt brennt, überall Krisen herrschen, global, national, lokal, persönlich - die alle Zeit und Kraft rauben. Dazu machen es einem Politik & Konzerne nicht einfach, datensparsam unterwegs zu sein, die Datenschutz-konforme Variante ist fürs Individuum fast immer die nervigere, aufwendigere oder anstrengendere. Und oft bringt es eh nichts, wenn nur einzelne Personen mitmachen, siehe
- WhatsApp vs. Signal,
- Mails selbst hosten vs. am Ende landen Mails eh bei Gmail/GMX/WebDE,
- ich kann meine Fotos lokal sichern vs. andere schieben Fotos mit mir darauf trotzdem zu Google,
- …
Dazu noch die Machtlosigkeit gegenüber Institutionen und Firmen, denen man einfach Daten geben muss, um an unserer Gesellschaft partizipieren zu können. Ein Fass ohne Boden. Natürlich haben da viele keine Kapazitäten für, wenn die Kapazitäten schon durchs bloße Überleben voll sind.
Genau
Ist bei mir auch oft und ich bin mir manches mal am überlegen, wieviel Lebenszeit ich eigentlich mit dem digitalen Unzulänglichkeiten verschwende. Allerdings sehe ich auch immer noch genügend Leute, die versuchen dagegen zu halten und Alternativen zu entwickeln und wie hier im Forum und auf Mikes Seite eine Anlaufstelle, um nicht Alles alleine durchzuprobieren und durchzustehen.
Das sehe ich ebenso, deshalb bin ich auch hier angemeldet und versuche, mit meinem beschränkten Wissen zu helfen oder Denkanstöße zu geben. Durch Kuketz Blog und andere habe ich so viel gelernt und finde diese Sammlung an Wissen unglaublich wertvoll, um mich selbst weiterzubilden. Und natürlich bilde ich in meinem Umfeld möglichst gut fort, sofern ich Einfluss habe. Trotzdem ist es oft ein Kampf gegen Windmühlen.
… den man wahrscheinlich nie gewinnen wird. Aber wie heißt es so schön: der Weg ist das Ziel.
Wäre da nicht so pessimistisch insgesamt. Selbst kleine Veränderungen können große Wirkung haben.
Beispiel: Einrichten eines einfachen pi-hole fürs eigene Netz geht recht zügig dank der Anleitungen hier (oder auch auf deren Webseite).
Brauche ich den jetzt auch noch die ganze Geschichte mit unbound und so weiter um ganz unabhängig zu werden? Ne, nicht unbedingt. Das einfache Blocken von viel Werbung und Tracking reicht schon. Eine 80/20-Verbesserung. Die auch noch anerkannt wird von anderen („wow die Seiten sind ja viel schneller und jetzt ohne die nervige Werbung“).
Bin fest davon überzeugt, dass wenn 20% der Haushalte in DE einen pi-hole hätten, die ganzen Werbenetzwerke schon in Probleme geraten könnten. Einfach weil viele Versprechungen nicht mehr halten, aber gleichzeitig deren Apparat noch am Leben erhalten werden muss. Software und Software-basierte Geschäftsmodelle sind Fixkosten-lastig, d.h. ein erheblicher Teil der Kosten ist völlig unabhängig von der Anzahl der User. Da kann dann schon eine vermeintlich kleine Delle auf der Einnahmenseite überproportional was bewirken.
Ansonsten pragmatisch durchgehen, dann bleiben Luft und Zeit für schöne Dinge
Wenn ich sehe das Reihenweise die Firmen auf 360 Office umsteigen, ist das Problem nicht nur mit Werbeunterdrückung ab gearbeitet, das ist höchstens wie am Briefkasten ein Aufkleber anzuheften, dass man keine Werbung möchte.
Mach Dich nicht verdächtig
In Frankreich gibt es wohl, laut Tarnkappe.info, Tendenzen das Onlineverhalten zur Bewertung heranzuziehen https://tarnkappe.info/kommentar/du-bist-terrorist-276586.html
Oder anders mit dem Lied „Verdächtig“ von Systemabsturz https://systemabsturz.band/audio/01%20Verdächtig.wav
- Strophe
Du bist ineffizient (verdächtig)
Spielst in einer schlechten Band (verdächtig)
Deine Freunde nutzen Tor (verdächtig)
Die haben sicher böses vor (verdächtig)
20 Sticker auf dem Laptop (verdächtig)
Du bist Teil von diesem Netzmob (verdächtig)
Dieser Port-Scan hier (verdächtig)
Das wart doch sicher wieder ihr
Also im beruflichen Umfeld (habe im öffentlichen und privaten Sektor gearbeitet) war die Antwort hinsichtlich Datensicherheit und Datenhoheit, dass sie das aus rechtlichen Gründen ja eh nicht dürfen und wenn was ist, ist man zB selbst nicht Schuld. - Man will also die Verantwortung lieber abgeben, damit man keinen Aufwand hat.
Im privaten Umfeld denken viele, dass sie eh nichts zu verbergen haben und wie schon @Equinox erwähnt hat, viele denken, dass es eh „nur“ virtuell ist und keine Auswirkungen auf das Leben afk hat.
Trotzdem ist es oft ein Kampf gegen Windmühlen
Dies ist übrigens auch ein Argument, das ich schon gehört habe zur Begründung, warum man nichts weiter unternehme bzw. nicht so darauf achte: Die eigenen Daten seien doch ohnehin schon da draußen…
Nur damit das nicht falsch rüberkommt: das sehe ich nicht so. Selbst wenn Daten schon draußen sind (was sie sind), lohnt der Kampf weiterhin. Trotzdem kann er sich ja sinnlos und wie ein „Kampf gegen Windmühlen“ anfühlen.
Ich sage schon recht lange Zeit, dass viele Leute, die sich, zumindest hinsichtlich ihrer Geräte, wie Smartphone und PC, nicht oder kaum um Datenschutz kümmern, keine Ahnung von der Technik, die sie da besitzen, haben und sie auch nicht haben wollen. Die wollen ihre Geräte verwenden und nicht über eine Chatkontrolle o.ä. nachdenken, denn dann müsste man ja etwas unternehmen.
Ich habe nix zu verbergen = Ich habe keine Ahnung.
Ein befreundetes Ehepaar: Am Wochenende hatte ich sein Laptop (WIN 11) und sein Android-Tablet hier.
„Kannst dus dir mal anschauen? Das Tablet ist total langsam und die Fotos auf dem Laptop…da fehlen welche…!?“
Ich konnte alles lösen, erspart mir Details, ihr könnts euch aber wahrscheinlich denken: Der Besitzer hat NULL Ahnung und das wird auch nix mehr mit dem! Beide haben natürlich auch Android-Smartphones mit dem vollen Programm und mit beiden hatte ich schon mehrfach lockere Kaffeeunterhaltungen über Android/Windows/Privacy…!
„Ach, aber wir machen doch nix Wichtiges damit und es ist auch nix Schlimmes drauf, zu verbergen haben wir nix…!“
Jetzt kommts: Diese beiden haben nun tatsächlich das alte Haus mit Grundstück neben ihrem Haus gekauft, um zu vermeiden, dass jemand einen Neubau hinstellt, aus dem man in ihren Hof schauen könnte!
So ist er, der Homo Nixzuverbergus!
das ist zwar das eigentliche Problem, kann man aber der Allgemeinheit nicht unbedingt zum Vorwurf machen.
Das große Problem ist, dass es kein „Ready-toGo“ System gibt, das entsprechend Datenschutzfreundlich ist. Es gibt teure Nischenprodukte wie etwa Nitrokey, die sich dann an Journalisten wenden, aber ein System für die Masse gibt es nicht.
Alle hier im Forum sind mehr oder weniger Spezialisten, Nerds, oder Enhusiasten, zumindest interessieren sie sich für das Thema, und jeder von uns muss feststellen, wie schwierig es selbst für Experten ist, ein System entsprechend sauber zu halten.
Solange es von der Industrie, deren Geschäftsgrundlage nunmal unsere Daten sind, es nicht gewollt ist, wird es auch kein datenschutzfreundliches System für die breite Masse geben. Es bleibt dann bei teuren, schwer zu intallierenden oder aufwendigen Nischenprodukten für die paar Wenige, die da nicht mitmachen wollen und die die Zeit und den Aufwand dafür nicht scheuen.
Nur damit das nicht falsch rüberkommt: das sehe ich nicht so. Selbst wenn Daten schon draußen sind (was sie sind), lohnt der Kampf weiterhin. Trotzdem kann er sich ja sinnlos und wie ein „Kampf gegen Windmühlen“ anfühlen.
Pardon meinerseits wenn meine Antwort da mißverständlich war, das habe ich auch nicht angenommen. Ich wollte angelegentlich Deiner Äußerung nur als Antwort auf die Ausgangsfrage des Threadstellers sagen, daß mir das schon auch als Grund von einem damaligen Studenten (es ist also denkbar, daß das in der mit sozialen Medien und Google aufgewachsenen Generation weiter verbreitet ist, das weiß ich nicht) genannt wurde.
Provikativ gesagt: Dummheit und Unfähigkeit Zusamenhänge zu erkennen. Man könnte auch zu der Erkenntnis kommen, dass Denken weh tun muss. Zumindest bei einem nennenswerten Teil dürfte das so sein.
Beispiele gibts viele, man könnte auch fragen:
Warum funktioniert Werbung so gut? Die Leser hier würden Schlangenöl-Werbung eher mit einem Schmunzeln abtun. Der gewöhnliche (Super-) DAU ist hingegen völlig überzeugt und glaubt super wissend zu sein. Das war beim GHz-Rennen auch so. Hauptsache viele GHz und dann viel zu wenig RAM und lahme Platte, sich dann aber über zu wenig Leistug wundern.
Die Menschheit hat eine gewisse mentale Bandbreite mit teilweise großer Streuung. Daher wird es solche Probleme und Fragen immer geben. Wir werden damit leben müssen und mit manchen braucht man nicht reden, die wissen sowieso alles besser.