Wir sind ein Ingenieursdienstleister, der eng mit Automobilherstellern zusammenarbeitet. Die meisten unserer Führungskräfte müßten Ingenieure sein. Zumindest eine gewisse Nähe zu Technik ist da, da sollte man auch ein überdurchschnittliches Verständnis für IT-Themen erwarten dürfen. Wir haben eine eigene IT-Abteilung, aber die bekommt irgendwie einiges nicht so richtig gebacken. Wir hatten NextCloud, das wurde durch OneDrive ersetzt. Wegen Update-Problemen mit NextCloud.
Ich habe mal in einem kleinen Familienbetrieb gearbeitet. Da waren wir sieben Leute. Der Chef hat Windows nur für die Rechner zugelassen, mit denen das zu verkaufende Produkt getestet wurde. Diese Rechner durften aber nicht ins normale Firmennetzwerk und hatten keinen Internetzugang. Die normalen Rechner waren Macs, Linux wäre auch erlaubt gewesen. Gerade bei kleineren Unternehmen würde ich eher vermuten, daß das Interesse an MS-Diensten nicht so groß ist.
Gerade auch weil ich die MS-Programme als nicht besonders verläßlich kennengelernt habe, wünsche ich mir etwas anderes. Vom Gesetz her gezwungen meinte ich nicht, sondern eben durch die Zusammenarbeit mit anderen Firmen. Ich glaube, daß die meisten Führungskräfte, zumindest wenn sie nicht über IT-Themen direkt entscheiden, glauben, daß es nicht anders geht, sich da aber irren. Selbst wenn man docx-Dateien o.ä. mit anderen Firmen austauschen muß, muß man nicht zwingend alles mit MS betreiben:
- Mailserver: Braucht man Exchange, wenn die andere Firma Exchange nutzt und man eine spezielle Verbindung zwischen den Mailservern herstellen will?
- Office: Kann man MS-Dateien nicht auch problemlos mit OnlyOffice bearbeiten? Wenn nicht, dann vielleicht tatsächlich lieber in solchen Fällen das Cloud-Office von MS nutzen anstatt Office lokal zu installieren und dann Windows nutzen zu müssen.
- Outlook: Mails versenden können alle Clients. Termine austauschen sollte auch kein Problem sein. Was kann Outlook, was andere nicht können (außer Dinge falsch zu machen und gewisse Funktionen nicht zu bieten)? Die Outlook-App für iOS (unsere Diensthandys sind iPhones
) ist noch schlechter als die iOS-eigene Mail-App. Seit wir in irgendeiner Art auf Office 365 umgestiegen sind, nutzen wir die Outlook-App anstelle der Mail-App. Mails geschrieben habe ich übers iPhone schon vorher nicht, jetzt lese ich sie nicht mal mehr.
- Teams: Da gibt es nach meiner Erfahrung keinen Dateiaustausch o.ä., was eine Kompatibilität erforderlich machen würde. Eine Person erstellt einen Termin, die anderen bekommen eine Mail mit Link. Das geht auch mit Jitsi usw. Textnachrichten können wir per Teams nicht mit Externen austauschen, außer in gemeinsamen Terminen. Insgesamt ist Teams unter Windows 10 gräßlich überladen und ressourcenhungrig und unübersichtlich und … Die Teams-App für iOS ist totale Grütze: Wenn mir jemand schreibt, sehe ich das sofort auf dem Sperrbildschirm. Wenn ich das iPhone entsperre, dann ist an dem App-Symbol von Teams auf dem Startbildschirm kein Hinweis auf einen neue Nachricht. Oder andersrum: Es gibt keine neue Nachricht, ich entsperre das iPhone und an der Teams-App klebt ein roter Punkt. In beiden Fällen dauert es nach dem Öffnen der App einige Sekunden, bis einem tatsächlich der aktuelle Stand der Chat-Unterhaltungen usw. angezeigt wird.
- Sharepoint: Neuerdings werden bei uns wichtige und weniger wichtige Dokumente (Mitarbeiterinformationen, Speiseplänen, …) nicht mehr einfach auf einem Server abgelegt und per Mail mit Link darauf hingewiesen, jetzt werden die Dateien auf Sharepoint hochgeladen, anschließend geht eine Mail herum, die einen Screenshot eines PDFs enthält, welcher auf die Datei auf Sharepoint verlinkt. Der Screenshot enthält den Text, den man lesen soll, aber natürlich als Bild (das wurde mit Newsletter schon immer so gemacht, jetzt eben auch bei Hinweisen auf neue wichtige Dokumente). Das ist die Zukunft.
- Betriebssystem: Wenn man sich nicht so krass an MS binden würde, bräuchte man auch nicht auf jedem Rechner Windows 10. Nach jedem Hochfahren und Anmelden pustet der Lüfter von meinem Dienstnotebook zuhause minutenlang, nur weil Windows nach Updates sucht. Ich frage mich, was da so viel Rechenleistung benötigt.
Das hat doch alles mit einer guten, sinnvollen, ressourcenschonenden IT-Infrastruktur nichts zu tun. Das ist einfach nur »Was sonst? Das machen alle anderen auch so.« Hauptkriterium scheint zu sein, wie bekannt Software ist, nicht wie hochwertig oder vertrauenswürdig.
Angeblich ist das alles DSGVO-konform, aber wenn ich mir die Veröffentlichungen von BSI u.a. ansehe, habe ich da meine Zweifel. Was macht MS mit all den Daten, die sich über Teams sammeln lassen (Audio, Video, Schreibverhalten, Kommunikationsverhalten, …)?
Ich habe auch mal mehr oder weniger vorsichtig nachgefragt, ob man das nicht in Zukunft ein wenig anders machen könnte. Da hat mich dann der COO (CTO? irgend so ein hohes C) zu einem Termin in meinem Büro eingeladen, um auf meine Fragen zu antworten. Am Ende habe ich mich gefragt, worüber wir eigentlich gesprochen haben.
Ich denke, es ist wie elfchen sagt: Hauptsächlich Ignoranz, und zu einem guten Teil auch Bequemlichkeit. Sich für MS zu entscheiden ist natürlich einfacher als nach Alternativen zu suchen. Viele in unserer Firma fluchen über unsere IT-Landschaft, weil ständig etwas nicht richtig funktioniert. Die IT eines unserer ganz großen Kunden, die von manchen Leuten aus unserer Firma mitbenutzt wird, funktionert angeblich besser. Da laufen allerdings weitestgehend dieselben Programme (Windows 10, Teams, Outlook usw.).
Viele Probleme haben aber wiederum gar nichts mit einer gut oder schlecht organisierten IT zu tun: Probleme mit Word bei komplexen Dokumenten, die oben genannte Teams-App u.v.m.
Ich vermisse bei sehr vielen Leuten das Bewußtsein dafür, wie problematisch MS aus gesellschaftlicher Sicht ist, daß es Alternativen zu MS gibt, daß die meisten MS-Programme einfach nicht besonders gut sind, Open-Source-Programme oft deutlich besser (benutzerfreundlicher usw.) und daß man mit Alternativen langfristig viel Geld und Energie sparen und viele Nerven schonen könnte.
Kurz: Ich finde es einfach armselig, daß MS als naturgegebener Begleitumstand hingenommen wird. Tatsächlich überlege ich schon eine Weile, wie ich dem entkommen kann, weil ich auf diesen Mist einfach keine Lust mehr habe. Es nervt mich jeden Tag. Entweder ich finde eine Anstellung in einer Firma, in der ein anderer Wind weht, oder ich muß meinen Lebensunterhalt irgendwie anders verdienen, nicht als Angestellter.