Nicht nur Ärzte sollen Daten herausgeben, sondern z.B. auch Pflegedienste, Psychotherapeuten und ambulante Sozialpsychiatrie. Schon im September entscheidet das Europaparlament darüber, wer wieviel Geld mit deinen medizinischen Daten verdienen kann - und Du bekommst nichts ab.
Die EU-Kommission hat am 03.05.22 ein „Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on the European Health Data Space“ (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=celex%3A52022PC0197) vorgelegt. Was zunächst wie eine Regulierung von etwas bereits existentem erscheinen will, wird bei seiner Verwirklichung extreme Konsequenzen für das Selbstbestimmungsrecht, das Vertrauensverhältnis zwischen Kranken und Heilenden sowie die Privatsphäre im Allgemeinen haben.
Wo die Patientenrechte vollmundig angepriesen werden, steht unterm Strich nichts anderes als Entmündigung, die Pflicht zu einer elektronischen Patientenakte (ePA) und der Verlust von allen Rechten Einzelner an ihren Daten. Nicht einmal ein Widerspruchsrecht würde dann noch existieren.
Die Schaffung zentraler nationaler und europäischer Datensammlungen erscheint gerade vor dem Hintergrund der „kompetenten“ Umsetzung anderer EU-Projekte (AI-Act etc.) extrem fahrlässig. Tatsächlich hätte die Regelung in der vorliegenden Weise für alle Beteiligten von Patientin bis Arzt nur Nachteile - außer für die industrielle IT.
Der Gesetzgebungsprozess ist bereits weit fortgeschritten - Anfang Februar war Einsendeschluss für „Draft reports“, am 23.03.23 endete das „Tabling of Amendments“, am 06.07.23 wird über den Bericht und im September 2023 über die Verordnung abgestimmt - die auch eine deutliche Kompetenzüberschreitung der EU-Kommission darstellt, weil Entscheidungen in Gesundheitsangelegenheiten Sache der einzelnen Staaten sind.
OMG… da denkt man immer, schlimmer kanns nicht mehr kommen (oder schon, aber nicht so bald), und dann wird doch noch was draufgelegt…
Kann man nur hoffen, dass es im Juli abgelehnt wird. Wobei ich mir denke und hoffe, dass da auch die Ärzte einen Aufstand machen, denn ohne Schweigepflicht kann man ja kein Vertrauensverhältnis haben. Eigentlich…
Jedenfalls habe ich schon mal eine Rund-eMail an alle Ärzte, mit denen ich zusammenarbeite(te) und von denen ich eine eMail-Adresse habe, mit dem Link zum CCC-Video und der dringenden Aufforderung, die Patienten nicht im Stich zu lassen und sich zu organisieren, gesandt.
Immerhin ist ja jeder Arzt auch selbst ein (potentieller) Patient!
Möglicherweise wird das auf dem Ärztetag erfolgte Votum für eine Opt-Out-Regelung noch durch ein Votum für eine Opt-In-Regelung abgelöst werden. Aufgrund der „völlig veränderten“ politischen Zielsetzung werde man sich gegen das geplante Opt-out-Prinzip bei der elektronischen Patientenakte (ePA) richten, heißt es in diesem Änderungsantrag (PDF), der von der Versammlung an den Vorstand überwiesen wurde.
Mit dem geplanten Digitalgesetz und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) werde ein grundlegender Paradigmenwechsel vorgenommen, heißt es zur Begründung. […] „Die ärztliche Schweigepflicht wäre damit abgeschafft und die Ärzte würden ihrer Arbeitsergebnisse enteignet werden“, heißt es in dem Änderungsantrag.