Gericht: Bloße IP-Übermittlung an Google illegal + Standardvertragsklauseln oft Unfug

… denn:

1. Simple, späte „Erkenntnis“ Nr 1

Für Google sind bloße IP-Adressen Gold wert.
In den Worten des Gerichts:

Als Telekommunikationsanbieterin und Websitebetreiberin kann die Beklagte, soweit es sich bei den Besuchern um ihre Kunden handelt, ohne großen Aufwand Internet-Nutzer identifizieren, denen sie eine IP-Adresse zugewiesen hat, da sie in der Regel in Dateien systematisch Datum, Zeitpunkt, Dauer und die dem Internet-Nutzer zugeteilte dynamische IP-Adresse zusammenführen kann. In Kombination können die eingehenden Informationen dazu benutzt werden, um Profile der natürlichen Personen zu erstellen und sie (sogar ohne Heranziehung Dritter) zu identifizieren (vgl. BeckOK DatenschutzR/Schild DS-GVO Art. 4 Rn. 20).

Gleiches gilt für Google LLC, die als Anbieterin von Online-Mediendiensten ebenso über die Mittel verfügt Personenprofile zu erstellen und diese auszuwerten. Dabei kann gerade die IP-Adresse als personenspezifisches Merkmal dienen (vgl. LG W. I, Urteil vom 20.1.2022 – 3 O 17493/20) und etwa in der Kombination mit der Nutzung anderer Onlinedienste zur Identifizierung herangezogen werden (Feldmann, in: Forgó/Helfrich/Schneider, Betrieblicher Datenschutz, 3. Auflage 2019, Kapitel 4. Datenschutzkonformer Einsatz von Suchmaschinen im Unternehmen, Rn. 12).

Fettungen von mir.

2. Simple, späte „Erkenntnis“ Nr 2

Der „Ausweg“ über „Standardvertragsklauseln“ ist illegal: Selbstverständlich binden solcherlei Klauseln nicht die US-Behörden. Seit Jahrtausenden gilt: Verträge binden ausschließlich die Vertragsparteien.

Quelle zum Urteil:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/koeln/lg_koeln/j2023/33_O_376_22_Urteil_20230112.html

Schlichte Wahrheiten, die seit Jahrzehnten bekannt sind. Aber irgendwie haben die Leute Schaum im Hirn, geht es gegen Datenkraken …
Ob es da einen kausalen Zusammenhang mit der jährlich milliardenschweren Werbung und den immensen Lobbyaufwendungen der US-Datenkraken gibt?

Das LG Köln scheint das Google-Fonts-Urteil des LG München vom Anfang letzten Jahres gelesen zu haben. Das Urteil ist übrigens rechtskräftig und sehr, sehr überfällig gewesen, Abmahnungen und Schmerzensgeld waren ebenfalls korrekt, die Abmahnungen nur nicht in dem Stil wie es massenhaft versucht wurde.

1 „Gefällt mir“

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte zu 22 % und der Kläger zu 78 %.

Wenn ich das lese, kündigt sich bei mir der Brechreiz (Übelkeit und Erbrechen) an.

Der Kläger ist nun mal, bis auf einen Punkt, unterlegen.
Daraus ergibt sich die Kostenverteilung automatisch.


P.S.:
Gegen aufsteigende Übelkeit empfehle ich, ein Glas Wasser trinken und einen Spaziergang an der frischen Luft.

2 „Gefällt mir“

Das gibt’s bestimmt auch was von Ratiopharm :wink:

Der Kläger hat sechs Anträge (1a bis 1 f) die Beklagte zu verurteilen gestellt (sozusagen sechs Klagen eingereicht) und aber nur eine davon gewonnen (1d).

Er wollte Unterlassung von

1a: Übermittlung von Positivdaten an die Y
1b: Verwendung der diesbezüglich verwendeten Klausel in den Datenschutzhinweisen.
1c: Cookie-Banner, die keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Einwilligung einholen
1d: Drittlandübermittlung von Daten
1e und 1f: Verwendung der dazugehörigen Klausel

1a wurde abgewiesen, weil „Unterlassungsantrag (…) zu weit gefasst. Ein Antrag darf nicht so formuliert werden darf, dass er zulässige Handlungen [mit-]erfassen kann …“

(Warum das Gericht den Antrag nicht von sich aus reduziert hat, denn ein Gericht darf weniger zusprechen als beantragt ist, es darf nur nicht mehr zusprechen als beantragt ist, findet man bspw. hier.)

1b wurde abgewiesen weil „Beklagte informiert den Verbraucher über die Weitergabe von Daten. Ein eigener Regelungsinhalt ist dem nicht zu entnehmen. Insbesondere wird die Erklärung auch nicht mit einer daraus geschöpften Einwilligung vermengt.“

1c wurde abgewiesen, obwohl in der Sache richtig, weil „Antrag des Klägers ist … zu weit gefasst … enthält … ausdrücklich eine Verpflichtung zu einer bestimmten Form der Bannergestaltung. Letzteres ergibt sich aber weder aus den Vorschriften der DSGVO noch aus den Erwägungsgründen.“

1d: Zulässig, begründet: Beklagte wurde verurteilt.

1e und 1f: wie oben 1b