Meinung: Warum auch Prominente Datenschutz einfordern dürfen und sollen

Meinung: Warum auch Prominente Datenschutz einfordern dürfen und sollen

Achtung: Dieser Artikel enthält Passagen zu den Themen Depressionen, Süchte, Verleumdung, sexuellem Missbrauch und Suizid.

Was ein Beitrag über Prominente? Die haben doch keinen Datenschutz. Warum denn gerade das? Vorab die Motivation für diesen Beitrag:
In letzter Zeit habe ich viele viele Beiträge (Social Media) und in Magazinen gesehen, die wie eine Selbstverständlichkeit Prominente schlecht machen. Meine Intention hinter diesem Beitag ist es ein Bewusstsein zu schaffen und zu sensibilisieren, dass es sich hierbei auch um ganz normale Menschen handelt.

Denn sobald eine Person von öffentlichem Interesse sich unangenehm äußert oder ein unangemessenes Verhalten an den Tag legt überschlägt sich regelrecht die Berichterstattung. Doch nicht nur die öffentliche Berichterstattung (z. B. in Zeitungen off- und online) kann grausam sein, sondern auch die Meinungen von Menschen auf Social Media Kanälen.

Mussten sich Prominente früher „nur“ mit der Presse herumschlagen, können sie inzwischen auch nahezu alles lesen, was damals nur privat in Stammtischkneipen erzählt wurde. Sagen darf die prominente Person nichts, sie muss es aushalten, weil sie ist schließlich bekannt - so zumindest die breite Meinung. Selbst schuld. So oder so ähnlich liest man die Argumentation oft auf den gängigen Social Media Kanälen, so auch auf Mastodon.

Aber stimmt selbst schuld? Und warum behandeln wir Prominente eigentlich wie Tiere im Zoo? Wie kommt es eigentlich zu den Skandalen? Und warum denken wir, dass diese Menschen weniger Datenschutz verdient hätten? Und wie würden wir uns fühlen, wenn das unser Leben wäre?

Ich werde hier etwas neues ausprobieren und den Beitrag sowohl auf Deutsch im Original als auch auf Englisch verfassen.

Warum? Die meisten genannten Personen leben in den USA. Die Wahrscheinlichkeit, dass dort jemand einen deutschen Artikel liest und versteht und vielleicht dann entsprechend handelt ist relativ gering.

Wie wird man eine Person des öffentlichen Lebens und ist man daran immer selbst schuld?

Die Möglichkeiten berühmt zu werden sind vielfältig. Oftmals haben sich das diese Personen auch nicht bewusst selbst ausgesucht.

Beispiele hierfür sind zum Beispiel:

  • Brooke Shields [drang der Mutter]
  • die Olsen Twins [wurden als Babys für eine TV-Serie gecastet]
  • Raven Symone [wurde als Kleinkind für eine TV-Serie gecastet]
  • Prinz Harry & Prinz William [Söhne von Prinzessin Diana und Prinz Charles]
  • Michael Jackson [vom Vater als Kind vermarktet und mit seinen Geschwistern zu den Jackson 5 gemacht]
  • Diana Königin von Wales [Heirat]
  • Drew Barrymore [Patentochter von Steven Spielberg und durch Schauspielerfamilie als Kleinkind zum Film gekommen]
  • Pamela Anderson [Besuch einer Sportveranstaltung und war lediglich im Publikum]
  • Internetphänomene / unfreiwilliger Upload durch Dritte
  • u.v.m.

Man kann eine Person des öffentlichen Lebens werden, wenn man beispielsweise wie viele junge Darsteller seit Baby- bzw. Kindheitsalter an von ihren Erziehungsberechtigten vor die Kamera gezogen wurde. Auch kann man durch eine Heirat zu einer Person des öffentlichen Lebens werden und die Folgen eines öffentlichen Lebens komplett unterschätzen, wie z. B. Diana Königin von Wales, die immer wieder in Interviews erwähnt hat, dass sie das Aufmerksamkeitsbedürfnis um ihre Person komplett unterschätzt hat. Letztendlich starb sie nachdem sie auf der Flucht von Paparazzi mit einem angetrunkenen Fahrer einen Autounfall hatte. Ihre damals minderjährigen Söhne mussten vor einem Millionen Fernsehpublikum den Sarg ihrer Mutter begleiten. Bis heute sind die Bilder regelmäßig im TV zu sehen und auch im Internet.

Man kann auch besonders gut in seiner Arbeit sein, etwa weil sie ihm oder ihr Freude bereitet und dadurch berühmt werden. Natürlich kann man auch berühmt werden, weil man sich nach Aufmerksamkeit sehnt und auch wenn man nicht besonders gut in dem ist, was man tut.

Auch kann es sein, dass jemand Opfer eines Gewaltverbrechens wurde und somit die Angehörigen in die Öffentlichkeit geraten. Anstelle von Mitleid, gibt es dann meist Vermutungen und Anschuldigungen gegenüber jemanden, der im schlimmsten Fall die schlimmste Zeit seines Lebens durchlebt und die Öffentlichkeit sieht dabei zu.

Es gibt also vielzählige Möglichkeiten Berühmtheit zu erlangen. In der öffentlichen Debatte wird aber oft davon ausgegangen, dass diese Menschen das so wollten und es sich immer ausgesucht haben.

Was hat es für Auswirkungen auf den Alltag bzw. das Leben eines Menschen?

Man mag denken, dass diese Menschen alles haben, was sie sich wünschen könnten, z. B. große Anwesen. Das sie sich darin teilweise auch verstecken müssen, um wenigstens etwas Raum zu haben, davon sprechen die wenigsten.

Doch wie sieht so ein Leben von einem Superstar oder nur Star beispielsweise in den USA aus?
Es werden Karten zu euren Häusern verkauft. Im Takt fahren dort fotografierende Touristen vorbei. Sonnen im eigenen Garten? Lieber nicht. Ihr könnt nicht essen gehen, Freunde treffen und schon gar niemanden daten ohne das Fotos gemacht werden und darüber gesprochen wird. Egal, ob die Information, die an die Öffentlichkeit gelangt wahr oder falsch ist. In richtig schlimmen Fällen wird in euer Haus eingebrochen und private Videoaufnahmen gestohlen wie bei Pamela Anderson in den 90er Jahren geschehen. Die Dokumentation Pamela: Eine Liebesgeschichte auf Netflix gibt zu der Thematik auch tiefe Einblicke. Das gestohlene Sexvideo kursiert bis heute gegen ihren Willen. Pamela Anderson erwähnt in der Dokumentation auch, dass die Mini-Serie „Pam & Tommy“, die auf Disney+ erhältlich ist ebenfalls nicht ihre Erlaubnis hatte (1:33 Std - 1:34 Std / Pamela: Eine Liebesgeschichte).

I feel like a zoo animal. ~ Jennifer Lawrence
Ich fühle mich wie ein Tier im Zoo. ~ Jennifer Lawrence

Nicht zu vergessen Paparazzi, die euch verfolgen. Das kann im schlimmsten Falle auch zu Angststörungen und Verfolgungswahn führen. Und nicht nur die Privatsphäre von Prominenten ist dadurch sehr eingeschränkt, sondern auch die ihrer Kinder.

Wir erinnern uns vielleicht an die Bilder, wie die Kinder von Michael Jackson aufwachsen mussten. Falls die Leserschaft dazu zu jung ist: Sie durften nur mit Masken das Haus verlassen, die das komplette Gesicht verdeckten. Zu ihrem eigenen Schutz. Die Schauspielerin Halle Berry hatte deswegen für ein Anti Paparazzi Law eingesetzt, das zumindest die Kinder von Prominenten schützen soll.

Des Weiteren werden Aussagen auf die Goldwaage gelegt. Man wird regelmäßig diffamiert und Schicksalsschläge werden in den Nachrichten ausgeschlachtet, egal wie sie die Personen damit fühlen.

Zudem werden Bilder von Personen des öffentlichen Lebens ständig verwendet, verfremdet und genutzt - ob sie das wollen oder nicht. Sie werden für Memes missbraucht und lächerlich gemacht. Ihre Fotos werden sogar auf gefälschte Reisepässe gedruckt.

Ihnen werden Affären nachgesagt und ohne Beweise oder gerichtliche Urteile in der Öffentlichkeit ausgetragen, ungeachtet wie es der Familie z. B. der Ehefrau/dem Ehemann oder möglichen Kindern damit geht - wenn es schon egal ist wie es der betroffenen Person geht. Es werden Nacktbilder geteilt und verbreitet, die nie für die Öffentlichkeit gedacht waren. Es werden Deepfakes erstellt, denen im schlimmsten Falle auch geglaubt wird.

Auch Kinder von Politkern geraten in den USA immer wieder ungewollt in die Medien, so z. B. der Sohn des ehemaligen Präsidenten Barron Trump.
Auf Twitter wurde sich damals über den damals 10-jährigen, der kaum ein Wort in der Öffentlichkeit verlor und man ihn Gelegentlich bei den Reisen des Präsidentenfliegers seines Vaters sah, von einer TV-Moderatorin lustig gemacht. Darauf folgte ein Aufruf aus dem weißen Haus: „Es sei eine langjährige Tradition, dass die Kinder von Präsidenten abseits des politischen Rampenlichts aufwachsen dürften.“ Zustimmung gab es auch von der Tochter des Ex-Präsidenten Bill Clinton, die sagte „Barron Trump verdient die Chance, die jedes Kind hat – nämlich ein Kind zu sein.“ Sieht man sich die Berichterstattung an, half das Statement weder damals noch heute und selbst angebliche Mitschüler redeten ohne Erlaubnis über ihn, wenn auch positiv.

Es kann nicht sein, dass wir uns über Kinder lustig machen, über sie spekulieren und ihre Schulen exposen nur weil deren Elternteil für viele ein Dorn im Auge ist.
Meine persönliche Meinung ist wie groß oder klein das Kind ist, wie es gerade schaut, das hat keinerlei Relevanz für die Welt und keiner dieser Zeitungsartikel sollte überhaupt existieren. Ähnlich wie beispielsweise bei der Beerdigung von Queen Elizabeth: Bilder wie die kleine Princess Charlotte weinte gingen um die Welt.

Wem der die Zeitung gekauft hat, die Berichte gesehen oder die Youtube Videos angesehen hat, ist bewusst das es ein kleines Mädchen ist das gerade einfach nur um ihre Oma weint? Hierzu muss man wissen, dass die königliche Familie hier im Vorfeld sogar Verträge mit den TV-Sendern getroffen hat, das die vollständige Beerdigung nicht mehr im TV ausgestrahlt wird und die Familie nicht in ihrer Trauer gestört werden soll.

Aus Gesprächen mit Lokalpolitikern in Deutschland habe ich sogar erfahren, dass einige hierzulande auch nicht ihre Kinder zu den Wahlpartys mitnehmen, da einige Parteien so zerstritten sind, dass die Gefahr besteht, dass die Kinder einfach nur um der oder dem Politiker zu schaden, dann öffentlich auftauchen.

Durch solche Zustände wundert es auch nicht, dass die Scheidungsraten sehr hoch sind und das regelmäßig Stars und Sternchen den Boden unter den Füßen verlieren und in Alkoholsucht, Drogensucht, Magersucht oder Depressionen stürzen. Manche kommen davon los, manche nicht.

Das Dilemma mit der falschen Berichterstattung

Doch selbst, wenn man ein bestimmtes Anliegen hat welches man vortragen möchte, kann man sich in zahlreichen Fallstricken verirren. Von unbewusster oder bewusster falscher Berichterstattung oder das schlecht machen von Gegnern. Ich selbst habe schon Datenschutz-Themen geteilt, wo die betroffene Person um die es in dem Artikel ging, später sagte das der Artikel irreführend war und das so wie beschrieben überhaupt nicht möglich sei. In dem Fall handelte es sich um Artikel unseres im Fediverse sehr aktiven Datenschützers Ulrich Kelber. Bis auf das Veto von ihm selbst, habe ich in der öffentlichen Berichterstattung damals keine Aufarbeitung gefunden. Ich habe Stephanie Henkel von der Piratenpartei zu diesen Themen befragt und sie erzählte von Fällen bei denen von zwei Personen einer anderen Partei in deren gesamten Amtszeit nicht ein Zitat von ihnen richtig zugeordnet wurde.

Je kleiner und unbedeutender du bist und je lieber du mit deinem Anliegen in die Presse willst, so größer ist der Zwiespalt. - Stephanie Henkel

Jemand der beispielsweise ein politisches Anliegen hat, welches er für wichtig erachtet, muss momentan meist abwägen was ihm oder ihr wichtiger ist. Das jedes Zitat richtig zugeordnet ist und der Kontext stimmt oder einfach gar nicht mit dem Anliegen erwähnt zu werden. Zudem kommt, dass schlecht recherchierte Berichte oder Falschaussagen in einem positiven Sinne sogar zu den eigenen Gunsten getroffen werden können, auch wenn dies wohl seltener der Fall sein sollte.

Mein Anspruch an DICH

Vielleicht ist der Begriff „Celebrity-Worship-Syndrome“ bekannt?
Celebrity-Worship-Syndrome bedeutet auf Deutsch „Prominentenverehrung“ und bezeichnet die Faszination eines bestimmten Prominenten bzw. die Beschäftigung mit der Person, die in eine gewisse Art parasoziale Beziehung umschlägt. Psychcentral schreibt dazu, dass es als eine zwanghaft-süchtige Störung beschrieben wird, auch wenn es kein klinisch anerkannter Zustand im Handbuch der psychischen Störungen ist.

In den meisten Fälle handelt es sich um eine einseitige Beziehung, die prominente Person weiß in den meisten Fällen nicht einmal von der Existenz ihres Bewunderers.
Besonders wichtig: Es muss nicht einmal eine Person sein, die man mag. Durch Social Media wird dieser Eindruck meist verstärkt. Man denkt man weiß einfach wie die Person tickt, was sie mag und baut eine (einseitige) Beziehung auf.

Das führt in häufigen Fällen auch dazu, dass diese Personen regelmäßig Einladungen zu Dates von wildfremden Personen erhalten oder ihnen gewisse Bilder zugeschickt werden. Das dies als übergriffig wahrgenommen wird oder werden kann, daran wird nicht gedacht. Auch kann sich der Ton der Person gegenüber in einen Befehlston ändern: Ich verlange von dir aus der Partei auszutreten, ich will nicht das du für diese Firma arbeitest, wie kannst du nur X tun? Oder kurz um: Ich befehle dir.

An dieser Stelle sei gesagt, dass dies für Personen gilt, die öffentlich gut darstehen und die öffentlich weniger gut darstehen. Das kann also genauso gut zutreffen, wenn man häufig über einen Politiker berichtet, den man nicht mag und was er oder sie schlimmes verbrochen hat. Dies ist derselbe Effekt. Man beschäftigt sich exzessiv bewusst oder unbewusst mit dieser Person und glaubt sie und ihre Werte zu kennen, nur anstelle von Sympathie baut sich bei der betroffenen Person Antipathie auf.

Diese Nähe, wie oben beschrieben, ist jedoch nur simuliert und muss und wird nicht das echte Bild dieser Person darstellen. Die Wahrscheinlichkeit das diese Person alles über sich preisgibt und nichts für sich behält ist gering, die Wahrscheinlichkeit das es keine falschen Berichte über sie gibt, ist gering. Die meisten Menschen wissen das sogar, aber ertappen sich selbst nicht beim handeln.

Debatten im englisch-sprachigen Raum

In den USA gibt es immer wieder Debatten zu dem Thema, die allesamt immer wieder im Sand verlaufen. Viele sind genervt von den Paparazzi. Einzelne geben hin und wieder Statements, um sich für Privatsphäre auszusprechen aber eine große Lobby gibt es nicht, obwohl es sich immer wieder Menschen wünschen. Zu groß ist die Versuchung mit dem Leid anderer Profit zu erwirtschaften.

Debatten im englischsprachigen Raum (USA, Australien, UK):

The Rhode Show 2009, nach bekanntwerden der Tiger Woods Affären
https://youtube.com/watch?v=lJmZ2gJk-Kk

Studio 10: Do Celebs have a right of privacy?
https://youtube.com/watch?v=yxxqMNSbRMQ

Anti Paparazzi Gesetz (dies bezieht sich jedoch „lediglich“ auf das in Ruhe lassen von Kindern von Prominenten)
https://www.sueddeutsche.de/medien/anti-paparazzi-gesetz-halle-berry-und-der-wunsch-nach-ruhe-1.1720405-2

Privacy is a commodity (Privatsphäre ist eine WARE)
https://youtube.com/watch?v=CzK4nJLVKJU

Elizabeth Hurley über Privatsphäre und das Leben mit ihrem Sohn
https://youtube.com/watch?v=wzcRVUKDIGs

Celebrities Who Dislike Being Famous!
https://youtube.com/watch?v=pPvjz3DocRs

Cameron Diaz on Privacy/Being a Celebrity: https://youtube.com/watch?v=6Fvmq638E3Y

Celebrity Privacy:
https://en.wikipedia.org/wiki/Celebrity_privacy
[an die Wikipedia Community: Deutschland fehlt als Land :wink: ]

Natürlich ist es nun einfach zu sagen: „dann zieh um/weg“ oder „selbst schuld in welchem Land du lebst“. Nein, ist man nicht. Man hat schlicht keinen Einfluss darauf in welchem Land man geboren wird. Auch ist es nicht immer leicht wegzuziehen, selbst wenn es die Person möchte. Siehe auch den Scheidungskrieg von Halle Berry, die aus Privatsphäregründen mit Kind nach Frankreich ziehen wollte und vom Ex-Mann gehindert wurde. Für einige Stars und Sternchen ist eine Auswanderung auch finanziell nicht möglich trotz Vermögen, je nachdem ob in ihrem Land die Weltsteuer herrscht. Das heißt egal, wo sie wohnen sie müssen an ihr Geburtsland/Heimatland/Land dessen Staatsbürgerschaft sie besitzen trotzdem weiter Steuern zahlen und eben in dem in dem sie nun Leben. Das muss man sich auch mit Vermögen leisten können.

Ist es in Deutschland bzw. deutschsprachigen Raum so viel besser?

Es gibt in Deutschland strengere Regeln, doch auch hier verletzen einige Zeitschriften bzw. Medien oder schlicht einfach nur Menschen diese regelmäßig bzw. überschreiten Grenzen.

So hat die Zeitschrift „Bunte“ gegen den Willen des Paares Hochzeitsfotos von Günther Jauch und seiner Ehefrau veröffentlicht. Die beiden zogen damit vor diverse Gerichte und scheiterten. Im Vorfeld hatten sie zudem Bekannt gegeben, dass Sie keine Pressefotos wünschen.

Ein älteres Beispiel ist der österreichische Schauspieler Peter Alexander, der einen Tag vor seinem Tod eine Klage gegen eine Zeitschrift einreichte, eli diese sein Persönlichkeitsrecht verletzten weil sie über seinen Gesundheitszustand und seine Trauer über familiäre Verluste berichtete.

In jüngster Vergangenheit gab es beispielsweise auch den Fall Orange Morange gegen Tanzverbot. Hier hatte Orange Morange den Wohnort von Tanzverbot veröffentlicht und hat seitdem Angst das Haus zu verlassen. Der Rechtsanwalt Christian Solmecke hat den Fall medial aufgearbeitet.

Auch bei uns gibt es ein paar Stimmen, die immer wieder mal etwas zu Privatsphäre sagen, so z. B. die Schauspielerei Nora Tschirner, die in einem Spiegel Interview 2014, sagte das sie nicht auf der Straße fotografiert oder angefasst werden möchte.

Und auch die Moderatorin, des ZDF-Fernsehgartens Andrea Kiewel bereut heute Fotos mit ihrem ältesten Sohn veröffentlicht zu haben und würde sie am liebsten löschen lassen.

„…wenn ich Herrn Google persönlich kennen würde, wie gern ich diese Bilder löschen würde“ - Andrea Kiewel

Ein jüngeres Beispiel ist der Suizid von Clemens Arvay. Ungeachtet, ob man seinen Forschungen glaubt oder nicht, sprechen Freunde und Familie von massiven Diffamierungen auf Wikipedia und Artikeln, die neben einer gescheiterten Beziehung wohl zu viel wurden. In den Wikipedia Artikel steht bei den Diskussionen u. a. zum Autor „Dreck findet Dreck“. Die Wikipedia selbst scheint mitbekommen zu haben, dass viele ihr eine Schuld wg. der Hetze geben. So kann man das auf der Diskussionsseite über die Seite von Clemens Arvay nachlesen.
Zu viel möchte ich nicht auf das Thema eingehen, denn die Hauptaussage, die ich damit treffen will ist nicht, ob der Mann Recht hatte oder nicht, sondern
in wie fern dürfen solche Menschen niedergemacht und bloßgestellt werden? Bis zum Suizid? Das kann nicht die Lösung sein.

Zuletzt noch der „Trend“ andere Menschen des öffentlichen Lebens oder sogar kleine Youtuber zu exposen. Man erstellt ein Video, in dem man den Anschein erweckt es mit Fakten und (und ja es sind in vielerlei Hinsicht auch welche) zu füllen und es halb-journalistsich aufzuarbeiten.

Videotitel sind dann z. B.

  • Dieser Schwurbler wurde gefeuert
  • ER hat Grenzen überschritten
  • Ich bin enttäuscht von ihm
  • Trollt dieser Typ oder ist er einfach nur dumm?
  • Der ekelhafteste TikToker ist zurück
  • Dieser Datingcoach ist ein misogynes A…

Dabei gibt es über den Thumbnails oft die Banner, die gewisse Personen zeigen oft die Worte: „exposed“, „abartig“, „schwierig“ oder „ekelhaft“.

Und auch in den Videos wird dann nicht ganz neutral versucht, moralisch überlegen zu sagen, was die Person über die man spricht für ein schlechter Mensch ist oder anders ausgedrückt „ekelhaft“.

Da diese Videos auch sehr viele junge Zuschauer sehen, kann es sein das sie es als eine Art von journalistischem Angebot sehen. Manche dieser Videos sind sehr professionell aufgezogen. Jetzt könnten Stimmen laut werden, aber was ist wenn die Person wirklich etwas schlimmes getan hat? Dann muss ich doch in meinem Video oder Artikel sagen dürfen wie „schlecht“ und „ekelhaft“ er ist.

Ich möchte und kann hierzu keine rechtliche Aussage treffen, aber verweise gerne auf den Presserat. Das oberste Gebot (Platz 1) ist im Pressekodex folgender:

Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.
https://www.presserat.de/pressekodex.html

und weiter heißt es:

Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden. Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen; bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung. Soweit eine Anonymisierung geboten ist, muss sie wirksam sein.

In dem Fall möchte ich auch kurz nochmal den Hinweis geben, dass jeder für sich sich Gedanken machen kann, in wie weit das bei manchen Presseberichten bei Prominenten zutrifft.

Auch zu erwähnen ist, dass auch wenn sich eine prominente Person in der Öffentlichkeit befindet, dass nicht bedeutet, dass man ihn oder sie fotografieren darf und die Bilder nachher ins Internet stellen darf oder an Zeitungsverlage verkaufen. Hier könnten die Caroline-Urteile greifen. Dies ist bereits seit Mitte der 90er Jahren Prinzessin Caroline von Monaco zu verdanken, die auf Grund von Verletzungen Ihrer Privatsphäre immer wieder vor Gericht zog.

Und nun?

Sagen wir manche Menschen haben weniger Privatsphäre verdient als Andere? Private Momente wie Trauer, familiäre Probleme müssen uns mitgeteilt werden?
Verfolgen wir sie auf Schritt und Tritt? Machen uns über sie lustig, starren sie an bis sie medikamentenabhängig oder depressiv werden und wenn das passiert, dann halten wir erst recht die Kamera auf sie?

Die Frage ist, wie wollen wir weiter mit der Frage, um Datenschutz als Prominente Person als Gesellschaft umgehen? Sagen wir das Kind ist nun in den Brunnen gefallen, die es betrifft müssen nun damit Leben? So ist das! Wenn der ein oder andere sich umbringt, ist es dann einfach so?
Ändern wir etwas für zukünftige Generationen oder ändern wir etwas für Alle? Oder interessiert uns das alles nicht und wir bleiben beim Status Quo?

Die Schauspielerin Brooke Shields z. B. spricht inzwischen offen über die Fotos, die von ihr als 10-jährige für den Playboy geschossen worden sind. Sie wurde damals dazu gedrängt und hatte auch noch (lt. eigener Aussage) kein Schamgefühl entwickelt. Abgesehen davon, wie es überhaupt sein kann das ein Magazin wie der Playboy sowas überhaupt drucken konnte und es keinerlei öffentlichen Aufschrei gab, was hat es für einen Vorteil solche Bilder online zu sehen? Sie ist keine 10 Jahre mehr alt, aber das Wunden hier tief sitzen können, sollte den meisten klar sein.

Hinterfragen wir, wenn wir jemanden öffentlich schlecht machen? Überlegen wir nun, ob wir jemanden z. B. in Social Media schlecht darstellen, der in der Öffentlichkeit steht? Die Wahrscheinlichkeit, dass die betroffene Person, diesen Beitrag liest ist gering - also warum schreibt man es? Damit sich andere Leser, die eigene Meinung aneignen können? Damit man sich moralisch überlegen fühlt? Weil man innerlich hofft, dass die betroffene Person vielleicht doch irgendwann Abends durch ihre Social Media Accounts scrollt und dann mitbekommt, warum sie in manchen Augen ekelhaft sind?

Meine persönliche Meinung zu dem Thema ist: Menschen wieder mehr mit Respekt zu behandeln. Klar, wird das nicht immer gut gehen, gerade in Stresssituationen, aber es kann nicht sein, dass nur weil jemand gut in einer Arbeit ist und von vielen gemocht wird (oder eben nicht) auf Schritt und tritt in manchen Ländern verfolgt werden kann. Das Ehepartner, die nicht in der Öffentlichkeit stehen mit exposed werden (z. B. von der Bundesagentur für Arbeit bzw. des Jobcenters für ein
Youtube Video
). Soll man sich in Zukunft lieber gegen eine Liebesheirat entscheiden, weil der Partner gewollt oder ungewollt in der Öffentlichkeit steht?

Jeder sollte die Möglichkeit haben Essen zu gehen ohne beobachtet, fotografiert oder gar verfolgt zu werden.
Passend dazu erschien vor kurzem ein absolut lesenswerter Artikel über die ehemalige Kinderschauspielerin Mara Wilson (Matilda) im Spiegel.

Die Wut sei ihre Antwort auf den Druck gewesen. »Ich hatte definitiv eine selbstzerstörerische Phase«, sagt sie. In ihrem Fall habe sich diese durch Selbsthass geäußert. »Ich sagte mir ständig: ›Du bist ein Loser, du bist eine Versagerin, du bist hässlich.‹« (Quelle: Spiegel)

oder

»Erwachsene Männer haben mir unangemessene Briefe geschickt und Dinge über mich ins Netz gestellt. Als ich zwölf war, habe ich den Fehler gemacht, mich selbst zu googeln und Dinge gesehen, die ich nicht mehr ungesehen machen konnte.« Beispielsweise Bilder auf Porno-Websites, ihr Gesicht auf die Körper nackter Frauen montiert. (Quelle: Spiegel)

Mara Wilson hat in den 90er Jahren mit Filmen wie „Matilda“ oder „Das Wunder von Manhattan“ die Wohnzimmerabende vieler Familien versüßt. Viele Kinder, die früher ihre Filme sahen und liebten sind heute Erwachsene und stehen im Leben und haben vielleicht sogar schon eigene Familien mit Kindern, die ihre Filme noch heute sehen und genießen. Nur Mara scheint noch immer Wunden davon zu tragen, weil Fremde so weit und ungestraft das einer Kinderseele antun konnten.

Natürlich hätten noch viel viel mehr Beispiele in den Beitrag gekonnt von Playboy-Bunnies, die dann doch im Nachhinein nicht so freiwillig welche waren obwohl öffentlich behauptet über Hass-Nachrichten bis zum Luke Mockridge Prozess. Es war leider nicht für alles Platz, aber ich denke der Punkt wurde rübergebracht:

Es kann nicht sein, dass wir Menschen beim gesundheitlichen Verfall zusehen und uns darüber auch noch freuen und je nachdem wie sehr ihnen gegenüber eine Antipathie verspüren damit vielleicht auch noch in Youtube Videos Geld verdienen.

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Interessanter und wertvoller Beitrag. Danke!

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Das ist der entscheidende Punkt für mein Mitgefühl oder eben nicht: ist der Betreffende selbst schuld, oder wurde er unfreiwillig ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt?

Zum Beispiel habe ich mit Politikern und Medienstars, die damit Geld verdienen, wenig Mitleid: sie wollten es ja so.

Aber wer als Privatperson in einem Zeitungsbericht landet, wird mehrfach ausgebeutet und dann gut durchgekaut, wieder ausgespuckt.

Dann solltest Du Dir ein englischsprachiges Forum für den englischen Teil suchen.
Hier stört er, weil wir ein deutschsprachiges Forum sind – und bleiben wollen!

Deine Beispiele sind tragisch an sich – nicht speziell wegen des Datenschutzes.

Außer dem letzten (halben): „Internetphänomene“ verstehe ich jetzt erstmal noch nicht.
Aber „unfreiwilliger Upload durch Dritte“ ist ein Thema.

Jeder, der mich kennt, weiß: wer mich mit Realdaten ins Internet bringt, hat eine Klage am Bein.
Deswegen liefere ich auch selbst keine Realdaten ins Internet.

Das sollte (genauso wie jede Form der Kinderarbeit) strafbar sein und den Kindern Schadensersatzklagerecht bis weit ins Erwachsenenalter garantieren.

Diana war vielleicht die „Königin der Herzen“, aber jedenfalls nicht von Wales, sondern Princess Diana of Wales und ihr musste klar sein, was es bedeutet, in eine Königsfamilie einzuheiraten.
Nichtsdestotrotz sind die Intrigen zu verurteilen, die letztlich zu ihrem Tod führten. Das wäre aber in jeder anderen Familie genauso zu verurteilen.

Für die weiteren Beispiele gibt es ein Recht am eigenen Bild, soweit ich weiß, und man kann und sollte die Medien zur Rechenschaft ziehen.
Auch, was üble Nachreden betrifft.

Nur ist abzuwägen, ob der Streisand-Effekt nicht alles noch schlimmer macht.

Ich verstehe gar nicht, weshalb das diskutiert werden sollte. Es ist verboten und sollte geahndet werden. Punkt. Dafür gibt es Staatsanwälte.

Das ist zumindest ein Aspekt: ich würde keine Königin heiraten.

Bitte nicht! Das macht den Beitrag nicht besser. Im Gegenteil schrecken so lange Beiträge viele Leser ab. Gerade durch Social Media, Video- und Bilderkonsum ist die trainierte Aufmerksamkeitsspanne im Internet stark rückläufig.

Die Gesellschaft züchtet heutzutage schlechten Charakter mit allen verfügbaren Mitteln.
Davon sind Politik, Medien, Social Media, moderne Gesetzgebungen und vieles mehr, nur Einzelkomponenten, die zusammen eine unvermeidlich schreckliche Perspektive zeichnen.

Man könnte damit anfangen, Social Media zu meiden. Aber schon beginnt die Hilflosigkeit …

Vielen Dank @FrauTux für deinen Beitrag. So wichtig und nützlich das Internet mit seinen sozialen Netzwerken ist, hat es auch seine Schattenseiten. In einer Welt voller Likes und Herzen sucht ein nach Aufmerksamkeit haschender Mensch nach immer mehr Reaktionen anderer. Denn darum scheint es in der Social Media Welt vorrangig zu gehen. Wunderschöne Orte werden überrant, nur um das beste Foto zu schießen. Auf der Autobahn bilden sich Staus, weil Menschen einen Unfall filmen. Und Prominente werden fotografiert etc., weil man sie kennt. Mit diesen Bilden möchte man auf Fang nach Aufmerksamkeit gehen. Ich habe dieses gesehen, ich habe jenes erlebt. Bitte gebt mir Likes, Herzen und noch mehr Reaktionen!

Dennoch gibt es auch Grenzen. Jede Person hat das Recht auf Privatsphäre. Das private Anwesen gehört genauso wenig ins Netz wie Bilder oder Schulen der Kinder. Und ja, ich stimme dir zu:

Das ist aber leider nur ein Wunsch/Traum, dessen Wahrwerden wir vermutlich nicht mehr erleben werden. Vielleicht hilft mehr Kontrolle, vielleicht hilft das Entfernen der Reaktionen in den Social Media oder das Ändern der Algorithmen. Ich habe keine Antwort auf diese Frage.

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Auch hier nochmal vielen Dank für deinen Beitrag.

Ich finde es immer wieder erschreckend, wie leichtfertig Leute mit dem Argument „selbst Schuld“ um die Ecke kommen, wenn Prominente in den Medien zerrissen werden, Hassnachrichten bekommen etc.

Soll das etwa bedeuten, du darfst einfach mit deiner Kunst oder allgemein deinem Job nicht so gut sein, dass dich Leute kennen oder dir anmaßen Politik zu machen? Weil sobald dich mehr Leute kennen, als du selbst mit Namen erkennst, du einfach keine Rechte mehr hast? Das ist doch einfach nur Quatsch!

Und natürlich kann versucht werden, gegen rechtliche Verstöße im Nachhinein vorzugehen. Aber zum einen ist nicht jede Grenzüberschreitung justiziable und zum anderen hat unser Rechtssystem gerade im Bereich digitaler Gewalt noch massiven Nachholbedarf und es muss ja auch betrachtet werden, was die im Beitrag beschriebene Entmenschlichung für Konsequenten habe kann: Neben Datenschutzverstößen kann es eben durch hetzerische Berichterstattung auch zu anderen Straftaten kommen: https://www.sueddeutsche.de/politik/extremismus-angriffe-auf-politiker-1.5200820

Ein sehr komplexes Thema, welches wirklich gut und umfassend beleuchtet wurde.

Und ein Appel an mehr Menschlichkeit und Respekt vor anderen kann denke ich nie schaden.

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Es ist ein deutschsprachiges Forum, das ist korrekt. Die Unterkategorie »Gastbeiträge« ist allerdings ein besonderer Bereich, in dem ausgewählte Gastautoren ihre Beiträge veröffentlichen. Es steht ihnen dabei vollkommen frei, was sie dort veröffentlichen - sofern es inhaltlich nicht daneben ist und sich thematisch um IT-Sicherheit/Datenschutz dreht.

Es gibt zu diesem vorliegenden Beitrag eine englische Übersetzung, die auch einen entsprechenden Disclaimer beinhaltet.

Wer sich weiter echauffieren möchte, weil es nun einen englischsprachigen Beitrag im Forum gibt, den bitte ich dies entweder intern zu klären (sofern er vom Team ist) oder einen Thread im Feedback-Forum zu eröffnen.

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