Übermittlung Krankheitszeitraum durch Krankenkasse an Arbeitgeber. Nur das, oder mehr?

Hallo,

seit diesem Jahr übermittelt die Krankenkasse bei gesetzlich Versicherten den Krankheitszeitraum digital an den Arbeitgeber. Somit ist kein Papierkrankenschein mehr erforderlich. So weit, so gut/schlecht.

Dieser Aspekt zeigt wieder einmal die Intransparenz der digitalen Datenverarbeitung. Vor der Umstellung hatte ich zwei Krankenscheine. Die Ausfertigung für den AG beinhaltete explizit nur den Krankheitszeitraum. Daher hatten alle Versicherten die vollen Transparenzkontrolle. Jetzt übermittelt die Krankenkasse diese Daten. Meine ketzerische Frage lautet: Woher weiß ich denn, ob nicht noch mehr Daten an den Arbeitgeber übermittelt werden? Ich habe ja keinen Einblick in das EDV-System der Krankenkasse und kann mich persönlich davon überzeugen, dass tatsächlich nur die Daten an den Arbeitgeber übermittelt werden, die ihm etwas angehen.

Vertrauen darauf, dass das schon so läuft wie es sein soll? Nein, nach all dem, was sich dieser Staat an Rechtsbrüchen gegenüber der Bevölkerung erlaubt hat, gehen mir irgendwelche Beschwichtigungen am Allerwertesten vorbei. Ist hier vielleicht jemand bei einer Krankenkasse beschäftigt, der dazu Auskunft geben kann?

Zweites Thema: Wie ich durch Netzpolitik erfahren durfte, haben Beschäftigte des Uniklinikums Magdeburg Zugriff auf die Meldedaten, siehe https://netzpolitik.org/2023/tausende-landesangestellte-mit-berechtigung-zugriffe-auf-meldedaten-werden-kaum-kontrolliert/

Warum haben Klinikbeschäftigte Zugriff auf solche sensiblen Daten? Und für was? Es gab zu Recht einen Aufschrei wegen NSU 2.0, also dass Polizisten Adressdaten von politischen Gegnern abgefragt haben. Aber dass ein Krankenhaus ähnliche Rechte eingeräumt bekommt, erstaunt mich doch sehr. In o.a. Fall wurden 300 Mal Meldedaten abgefragt, die nicht zu dienstlichen Zwecken benötigt wurden. Zumal ich davon ausgehe, dass die Kontrolle über die Abfrage nicht so restriktiv erfolgt wie bei der Polizei. Für mich ist das ein Verstoß gegen das Gebot der Datensparsamkeit, die aber anscheinend für unseren so gelobten Rechtsstaat nicht gilt.

Nachtrag: Ist diese Regelung, das ein Krankenhaus auf Meldedaten Zugriff hat eine Landes- oder Bundesgesetzregelung?

Mehr Informationen würden gegen das Gesetz verstoßen. Ich glaube kaum, dass hier mehr übertragen wird. Sonst würde es schon längst Klagen geben.
P.S. Ich habe bei meinem Arbeitgeber Einblick in das, was dieser dort abrufen kann. Keine Auffälligkeiten.

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https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/digitale-krankschreibung-elektronische-arbeitsunfaehigkeitsbescheinigung-65488:

Die Krankenkasse übermittelt dem Arbeitgeber folgende Informationen:

den Namen der versicherten Person
den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit
die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung

Der Arbeitgeber erfährt nicht, welche Ärztin oder welcher Arzt krankgeschrieben hat und welche Diagnosen gestellt wurden.

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Den Namen des krankschreibenden Arztes bzw. der krankschreibenden Praxis hat der AG bisher Anhand des Stempels auf dem „gelben Schein“ erfahren. Somit fallen mit der neuen Methode sogar weniger Daten für den Arbeitgeber an.

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Woher weißt Du das?

Vor der digitalen Version konnte der Patient das überprüfen.
Nun nicht mehr …

Siehe meine Antwort.

Man muss mir natürlich nicht glauben. Zumindest weiß ich für mich persönlich, was übertragen wird und übertragen werden kann. Das reicht mir.

Für Dich mag das in Ordnung sein. Ich hatte auch nicht an Dir gezweifelt.
Aber es arbeiten ja nun nicht alle bei Deinem Arbeitgeber.

Was hat das mit dem AG zu tun? Die Daten kommen von der Krankenkasse…

Und ja, man kann sich anschauen was die Krankenkasse übermittelt, mal freundlich beim Personaler nachfragen…

Daher:

und daher:

sagt er.

Vor der Digitallösung kamen die Daten vom Arzt und der technischen Formulargestaltung (Teil-Durchschlag). Sie gingen an Kasse und AG.
Aber nun ist es eben anders: der Patient sieht nichts mehr, von dem, was da passiert (außer defcon42).

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Woher weißt Du das? Vor der digitalen Version konnte der Patient das überprüfen. Nun nicht mehr …

Nun, prüfen konnte man nur, was im normierten Formular (*) steht. Und dort gibt es schlicht kein Datenfeld. Was daneben an Infos fließen könnte, würdest Du nicht wissen.
„Das“ Formular (s.u.) wird durch ein elektronisches ersetzt, die Info zum Arzt entfällt für den Arbeitgeber.

Bei Zweifeln dazu mußt Du Dich auf die Suche nach der Schnittstellenbeschreibung machen (entweder bei den Kassen als Sender oder bei empfangenden Systemen, z.B. Lodas von Datev). Analog zur evtl Meldung der KK an die Berufsgenossenschaft

(*) wird von der KVB festgelegt
AU schwarzweiss

Zweifel kann man immer haben, sie sollten allerdings begründet sein. Hast du Gründe? Die Daten, die der AG sieht sind gesetzlich geregelt und oben beschrieben. Ich denke, da wird keine Krankenkasse dagegen verstoßen. Warum sollte sie denn auch.

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Hallo,

also die Krankenkasse übermittelt erstmal gar nichts. Das muss der Arbeitgeber selbst abholen und dafür ein Verfahren einhalten. In der Regel wird das auch durch die Lohnbuchhaltung des AG gemacht und das dann auch durch die Software via Schnittstelle. Und diese Schnittstelle ist definiert. Da kann man nicht einfach sagen, hey, das ist der AG Xy, den gebe ich mal mehr Daten.

Konkret werden folgende Daten übermittelt von der Krankenkasse:

  • Name des/der Beschäftigten,
  • Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit,
  • Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
  • Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung und
  • Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf den Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht.

UPDATE: die exakte Definition der Datenfelder ist hier nachzulesen, ab Zeile 34 sind die AU-Werte: https://www.gkv-datenaustausch.de/media/dokumente/arbeitgeber/eau/gg_anlagen/2022_05_16_Grundsaetze_eAU_Anlage_2_V1.1.0.pdf
Einstiegspunkt ist https://www.gkv-datenaustausch.de/arbeitgeber/eau/eau.jsp

Somit gibt es keinen Hinweis mehr auf das ärztliche Fachgebiet, was regelmäßig nervig war als AG oder Personalverantwortlicher, weil man schön sehen konnte, ob jemand bei einem Onkologen, einer Psychologin usw. usf. war. Und noch wichtiger: die falsche Übermittlung nämlich des vollständigen Krankenscheins mit der Klassifikation nach ICD-10 kommt auch nicht mehr vor.

Es kann auch nur der AG abfragen, der bei der Krankenkasse für die Person hinterlegt ist.

Persönlich überzeugen kann man sich nur bedingt irgendwo. Schon mal gemacht irgendwo?
Zum Beispiel bei deiner Krankenkasse, was die Ärzte so in deinem Namen abrechnen?
Offenbar nicht, weil dann wäre der Ton ja ein anderer.

Digitalisierung läuft nur über definierte Schnittstellen und das Maschinen bzw. deren Software mit einander kommunizieren. In dem Fall der eAU sind die definiert. Einfach Recherche ergibt Klarheit über die Datenfelder der Übermittlung.

Eine Vermengung der Diskussion über das eAU mit dem Melderegister ist völlig unlogisch. Das wäre
noch nicht mal Apfel-Birne, sondern Apfel - Banane.

Im genannten Artikel von netzpolitik.org sind alle Fragen wie zum Beispiel ob Landesgesetz etc. beantwortet. Auch Lösungen wie z.B. die Reduzierung auf vier Leute im Jobcenter Dessau statt 119 im Jobcenter Halle.

Wer Zugriff auf welche Daten hat, ist regelmäßig in Gesetzen definiert und spannend, dem nachzugehen, da regelmäßig noch zu viele Daten einfach übermittelt werden bzw. manche Gesetze einfach laufen und im Stillen werkeln. Da hilft es mehr, direkt sich mal selbst einzuklinken und einfach mal selbst das Zepter in die Hand zu nehmen. Zum Beispiel schreibt das BMI: „Die Meldebehörde muss jeder Bürgerin und jedem Bürger auf Antrag Auskunft erteilen über die jeweils gespeicherten Daten und deren Herkunft, die Empfänger von regelmäßigen Datenübermittlungen, die Zwecke und Rechtsgrundlagen der Speicherung und der regelmäßigen Datenübermittlungen sowie über Empfänger und Art der Daten von automatisierten Abrufen. Insoweit können Bürgerinnen und Bürger selbst die Wahrung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die Meldebehörden überprüfen.“

Das BMG ist hier nachzulesen: https://www.gesetze-im-internet.de/bmg/BJNR108410013.html

§44 erläutert auch die einfache Auskunft. Im Gesetz steht auch, wo und wie man die Auskünfte einschränken kann. Ebenso, was eine Auskunft kostet: https://www.gesetze-im-internet.de/abweichendes_Landesrecht/innminvwkosto_he__Anlage.html

Illegale Datenabfragen lassen sich über die Protokollierung nachträglich feststellen, im BMG unter §40 zu finden. Protokollierung sollte bei jedem Register / jeder Datenbank erfolgen. Das wäre zu prüfen bei anderen Registern und Datenbanken und ggf. zu politisieren.

Frage also doch einfach mal dein Melderegister ab, ob und wer. Das selbe beim nächsten Krankenhaus. Derartige Abfragen führen zu einer Sensibilisierung bei der datenerhebende Stelle und ggf. offenbaren sie Mängel.

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Das ist ja (zumindest theoretisch) mal was Gutes (muß man ja auch zugeben). :+1:

Das ergibt sich aus dem Begriff. Ein Zweifel kann unbegründet nicht entstehen.
Allein, man kann die Gründe verschweigen oder sich selbst noch nicht bewusst gemacht haben.

Schon, daß viele Menschen daran beteiligt sind und der Patient (ggf. ich) ihnen eben nicht ohne erheblichen Aufwand permanent auf die Finger sehen kann, rechtfertigt für mich jeden Zweifel.

Das ist eben das Problem, das hier bei vielen Diskussionen völlig falsch bewertet wird:

Eine gesetzliche Regelung schützt (für sich genommen) vor gar nichts.
Nur in Verbindung mit einer leichten und unbemerkten Überwachung, sowie einer angemessen empfindlichen Sanktionierung kann man daraus einen Schutz generieren.
Z.B.: Wen würden Geschwindigkeitsbegrenzungen interessieren, wenn es keine Radarüberwachung gäbe?

Das ist aber eben in den allermeisten Fällen, soweit ich das beobachte, gerade bei der Digitalisierung nicht gegeben!

Soweit das Grundsätzliche.

Das Spezielle in diesem Thema ist, soweit es meine Beiträge betrifft, daß ich immer aus der Sicht des Patienten argumentiert habe.
Der hatte vorher eine leichte und ständige Überwachungsmöglichkeit, die er jetzt eben nicht mehr hat.
Da helfen die hier vorgebrachten Hinweise, wo man freundlich nachfragen könnte, überhaupt nichts!

Es kann eben nicht jederman, jederzeit und in jedem Fall leicht und ohne Aufwand dauerhaft kontrollieren – gar nicht!
Der Aufwand ist völlig unangemessen und würde von den „Auskunftsstellen“ (die eigentlich keine sind) niemals „freundlich“ aufgenommen werden … das sind Märchen.

Das sehe ich aber auch so!

Man stelle sich nur vor, wenn sich die Arbeitsunfähigen eines Montages auf den „Weg nach Berlin“* machten, und alle gleichzeitig dieses Recht einforderten!
Das sind unrealistische Alibi-Paragrafen (die sich sintflutartig verbreiten).

Davor sind dem Betroffenen erhebliche Hürden gesetzt, um genau das zu vermeiden und das ist de facto der Verlust seiner zuvor so obligatorischen und leichten Überwachungsmöglichkeit eines Zettels, der immer durch seine Hände ging und von ihm selbst transportiert wurde.

*) zu den jeweiligen „Auskunftsstellen“

@Bit : Was sollen die Leute in Berlin? Meldebehörde ist Landessache. Diese Vermischungen und dann substanzlose Blabla, z.B. „unrealistische Alibi-Paragrafen“ ist für mich Zeitverschwendung, bin damit draußen.

Mir hat meine Recherche konkrete Ergebnisse gebracht und weitere Ansatzpunkte im Handeln und Beraten …

Hast Du das Sternchen gesehen? Der Ausdruck war symbolisch gemeint.
Es ist bestimmt auch nicht Sache der (Einwohner-) Meldebehörde, denke ich, aber wie auch immer …

Wer soll sich diese Recherche-Mühen machen? Der einfache Patient?

Vielen Dank für die vielen Antworten.

Daran habe ich gar nicht gedacht: Der Arbeitgeber sieht jetzt nicht mehr, welcher Arzt mich arbeitsunfähig geschrieben hat. Das hat natürlich Vorteile. Vor einiger Zeit wunderte sich eine Kollegin von mir, warum der Betriebsarzt nach evtl. psychologischen Problemen gefragt hat. Sie hat niemand davon erzählt, dass sie in psychologischer Behandlung war. Jetzt könnte ich mir vorstellen, wer dahinter steckte.

Der Verweis auf das Gesetz ist zwar schön und gut. Aber wenn sich alle an das Gesetz halten würden, dann gäbe es dieses Forum hier nicht. Zumindest was die informelle Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter angeht. Was nützen Gesetze, die nicht überwacht werden? Gar nichts. Genau diese Intransparenz ist es, die halt misstrauisch macht.

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