Tutanota und Mailfence

Für geschäftliche Mails macht die Verwendung einer eigenen Domain einen seriöseren Eindruck, auch wenn man keine Webseite hat.
Aber auch für den privaten Gebrauch macht eine eigene Domain auch ohne Webseite Sinn, wenn man eine lebenslange Mailadresse unabhängig von einem Provider haben will. Bin ich in ein paar Jahren mit meinem jetzigen Mailprovider unzufrieden, gehe ich einfach zu einem anderen, ohne dass ich meine Mailadresse ändern müsste.
Vorausgesetzt der Mailprovider bietet die Verwendung einer externen Domain an. Posteo tut dies generell nicht. Bei vielen anderen Anbietern wie Mailbox, Mailfence, Tutanota, Runbox, Proton, Zoho usw. ist dies möglich, zumindest in den Bezahltarifen. Zoho setzt sowieso eine Domain voraus auch in ihren Freetarif. Eine „nackte“ de Domain z.B. kostet je nach Domainhoster zwischen 3-15 €/Jahr.

Ich denke Mailfence geht als Mailprovider in Ordnung, existiert schon lange und hat sich auch dem Datenschutz und der Privatsphäre verschrieben.
Allerdings macht der bei Thunderbird beworben Freetarif von Mailfence keinen Sinn, weil der garnicht mit IMAP/POP abgerufen werden und man dort auch keine eigene Domain verwenden kann.
Erst der Bezahltarif ab 2,50 €/Monat ist mit IMAP/POP nutzbar und auch mit einer eigenen Domain möglich. Hierzulande die günstigste Domainendung wäre eine de Domain. Ob man die für 15 $ bei gandi.net registriert oder eine für 3,36 € bei febas.de (um mal die zumindest mir bekannten oberen und unteren Preisgrenzen einer de Domain zu benennen) oder irgendwo dazwischen, bei einem anderen Domainhoster, kann jeder für sich selbst entscheiden. Hauptsache der Domainhoster bietet die Bearbeitung der DNS/MX Einträge an, damit auch zwischen den Mailprovidern wechseln kann.

Wenn du Mailanbieter suchst, die ihre Server in Europa haben und Datenschutz und Privatsphäre als Geschäftsmodell haben, hast du einige zur Auswahl.
Mailbox, Posteo, Tutanota, Proton, Runbox, Mailfence, Mail, Zoho, Infomaniak sind Anbieter, die ich mir angeschaut habe (siehe auch in dem Post https://www.kuketz-forum.de/t/mailworkflow-mit-email-und-dokumentenverschluesselung/2710).
Es kommt auf die Kriterien und Funktionsansprüche an.
- Eigene Domain soll möglich sein: Dann scheiden Posteo und die Freetarife von Tutanota, Mailfence, Proton, Infomaniak und der 1€ Tarif von Mailbox aus. Bei Mail ist zumindest das Verschicken über eine externe Adresse möglich.

- Die Nutzung von POP/IMAP soll möglich sein: Dann scheiden Tutanota und die Freetarife von Mailfence, Infomaniak, Zoho und Proton aus. Bei den Proton Bezahltarifen ist dies auch nur über eine Bridge möglich mit der einige Leute unzufrieden sind. Mit CardDav und Webdav müsste es ähnlich gelagert sein, habe ich aber nicht näher ausprobiert.

- Die Mails sollen auch im Ruhezustand verschlüsselt auf dem Server liegen können (Encrypted at rest): Hier scheiden Mailfence, Infomaniak, Runbox aus. Die anderen Anbieter lösen es auf unterschiedliche Weise.

  • Zoho.com spricht von " Ihre Daten werden in Fragmente aufgeteilt, und jedes Fragment wird dann weiter verschlüsselt, bevor es auf unseren Festplatten gespeichert wird. Die zur Verschlüsselung verwendeten Schlüssel werden mit höchster Sicherheit und Zuverlässigkeit verwaltet."

  • Posteo.de hat dafür einen Krypto-Mailspeicher und eine Eingangsverschlüsselung mit S/MIME und PGP, die man zusammen oder getrennt verwenden kann. Der private Schlüssel soll dabei auch für Posteo nicht entschlüsselbar sein.

  • Mailbox.org hat mit Mailguard und einem verschlüsselten Postfach ein ähnliches Konzept wie Posteo (wobei es darüber auch Diskussionen gibt, wer besser ist). Der private Schlüssel soll dabei auch für Mailbox nicht entschlüsselbar sein.

  • Tutanota.de hat eine komplett eigene Verschlüsselung, die die Unzulänglichkeiten von PGP und S/MIME verbessern soll. Daher ist Tutanota auch nur mit deren Apps, die es für alle Betriebssysteme gibt, nutzbar. Der private Schlüssel soll dabei auch für Tutanota nicht entschlüsselbar sein. Trotzdem kann mit Nutzern außerhalb des Systems über unverschlüsselte Mails kommuniziert werden oder über ein spezielles temporäres Postfach ( was auch so ähnlich Mailfence, Proton, Mailbox und Zoho anbieten). Bei Tutanota kannst du auch Mails, Kalender und Kontakte exportieren und Kalender und Kontakte importieren (aber keine Mails).

  • Proton.me ähnelt hierbei Tutanota und ist am besten wohl auch nur über deren Apps oder im Browser nutzbar.

  • Mail.de bietet eine PGP Eingangsverschlüsselung an, der Postausgang kann über ein Workaround ebenfalls mit PGP verschlüsselt werden.

Liegt der private Schlüssel, der die Mails wieder lesbar macht, auf dem Server selber, muss man dem Anbieter vertrauen oder sich entscheiden, ob man die Server des Mailanbieters für sicherer hält, als seine eigenen Geräte. Oder man gibt dem Mailanbieter nur seinen öffentlichen Schlüssel (möglich bei Mailbox, eventuell auch bei Mail und Posteo), der für einen alles verschlüsselt und behält den privaten Schlüssel bei sich. Zum entschlüsseln braucht man dann einen Mailclient oder die Browsererweiterung Mailvelope.
Ein anderes Thema wäre auch wie man mit einmal verschlüsselten Mails umgeht (siehe auch mein Post https://www.kuketz-forum.de/t/wie-kann-man-pgp-verschluesselte-mails-wieder-unverschluesselt-abspeichern/2717/3)

Will man sich mit dem Thema Verschlüsselung nicht weiter beschäftigen, bieten Tutanota und Proton das beste Konzept mit dem Preis, dass man am Besten deren Apps benutzt oder im Falle Tutanotas deren Apps benutzen muss.
Mailbox und Posteo bieten die flexibleren Möglichkeiten, wobei Mailbox noch mehr Funktionen anbietet, wie eigene Domain, Videokonferenz, Office und Cloudspeicher.
Zoho ist eigentlich ein Anbieter, der vorrangig auf den Unternehmensalltag ausgerichtet ist, preislich aber mit seinem Free- und Lighttarif auch für Privatleute interessant sein kann.
Mailfence macht einen soliden, alltagstauglichen Eindruck.
Runbox besticht vor allem durch die Menge an Aliasse (100 mit der Endung runbox.com und zusätzlich unbegrenzt, wenn man eine eigene Domain mitbringt), die schon im kleinsten Tarif für 1,66€/Monat angeboten werden.
Infomaniak bietet eine Menge Speicher und betreibt auch in Konkurrenz zu Wetransfer den Dienst Swisstransfer, wo man kostenlos auch sehr große Dateien austauschen kann.
Mail hat zwar einen Freetarif mit Werbung, wirbt aber auch mit Privatspähre und Datenschutz (IP-Stripping, verschlüsseltes Postfach, DANE/TLSA, DNSSEC, DKIM usw.)

1 „Gefällt mir“